01 Woche der Fastenzeit Freitag
EVANGELIUM | Mt 5, 20-26 |
In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
20Wenn eure Gerechtigkeit nicht weit größer ist als die der Schriftgelehrten und der Pharisäer, werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.
21Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht töten; wer aber jemand tötet, soll dem Gericht verfallen sein.
22Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem Gericht verfallen sein; und wer zu seinem Bruder sagt: Du Dummkopf!, soll dem Spruch des Hohen Rates verfallen sein; wer aber zu ihm sagt: Du gottloser Narr!, soll dem Feuer der Hölle verfallen sein.
23Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dabei einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat,
24so lass deine Gabe dort vor dem Altar liegen; geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, dann komm und opfere deine Gabe.
25Schließ ohne Zögern Frieden mit deinem Gegner, solange du mit ihm noch auf dem Weg zum Gericht bist. Sonst wird dich dein Gegner vor den Richter bringen, und der Richter wird dich dem Gerichtsdiener übergeben, und du wirst ins Gefängnis geworfen.
26Amen, das sage ich dir: Du kommst von dort nicht heraus, bis du den letzten Pfennig bezahlt hast.
Tagesimpuls:
Sonst wird dich dein Gegner vor den Richter bringen. (Mt 5,25)
Jesus spricht dich und mich an. Wir sollen uns angesprochen fühlen. Es geht jetzt nicht um die Pharisäer oder um irgendwelche anderen Menschen, die nicht so gute Christen sind. Es geht um uns, die wir meinen, im Recht zu sein und besser zu sein als die anderen. Ich befürchte, dass jeder Mensch irgendwie denkt, er sei besser als die anderen. Und jeder lebt aus dem Gefühl heraus, dass er im Recht ist, dass sein Standpunkt der richtige ist. Aber dieses Gefühl täuscht. Jesus will uns in Frage stellen. Kann es sein, dass der andere doch im Recht ist? Kann es sein, dass der Prozess nachher gegen mich und für den anderen ausgeht?
Sonst wird dich dein Gegner vor den Richter bringen.
Für unsere Gespräche ist es sehr wichtig, wenn wir wenigstens ein wenig davon ausgehen, dass der andere auch im Recht sein könnte. Wir müssen zuhören und die Beweggründe des anderen zu verstehen versuchen. Ganz sicher werden wir dann erkennen, dass er ein berechtigtes Anliegen hat, auch wenn wir eine andere Sichtweise haben. Für unsere Gespräche ist es sehr wichtig, dass wir niemandem böse Absichten unterstellen. Meist haben beide Parteien ein berechtigtes Anliegen. Und wenn man bereit ist, gut zuzuhören und sich in die Lage des anderen zu versetzen, dann finden sich Lösungsansätze. Wenn ich dagegen auf Konfrontation gehe, dann wird es nur zwei Verlierer geben, dann hat niemand etwas gewonnen. Vielleicht geht es für mich sogar – wie Jesus sagt – dann überraschend schlecht aus. Und ich hatte gedacht, ich wäre im Recht.
Gebet:
Jesus, du willst, dass wir uns in Frage stellen. Das ist kein Relativismus. Was du willst, ist, dass wir uns nicht streiten, sondern jeweils die Anliegen der Menschen ernst nehmen. Ich kann in der Wahrheit leben – ohne Relativismus! – und doch auch Menschen zuhören, sie ernst nehmen und bereit sein, mich selbst in Frage zu stellen. Ich habe nicht immer Recht! Bitte hilf uns, liebevoll miteinander umzugehen und auch auf unser Recht verzichten, wenn das besser ist.
Pastor Roland Bohnen
www.tagesimpuls.org