Warum könnt ihr dann diese Zeit der Entscheidung nicht deuten? (Lk 12,56)

29 Woche im Jahreskreis Freitag

Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas
Lk 12, 54–59

In jener Zeit sprach Jesus zu der Volksmenge: Wenn ihr im Westen eine Wolke aufsteigen seht, sagt ihr sofort: Es gibt Regen. Und so geschieht es.
Und wenn der Südwind weht, sagt ihr: Es wird heiß. Und es geschieht.
Ihr Heuchler! Das Aussehen der Erde und des Himmels wisst ihr zu deuten. Warum könnt ihr dann diese Zeit der Entscheidung nicht deuten?
Warum findet ihr nicht schon von selbst das rechte Urteil?
Denn wenn du mit deinem Gegner zum Gericht gehst, bemüh dich noch auf dem Weg, dich mit ihm zu einigen! Sonst wird er dich vor den Richter schleppen und der Richter wird dich dem Gerichtsdiener übergeben und der Gerichtsdiener wird dich ins Gefängnis werfen.
Ich sage dir: Du kommst von dort nicht heraus, bis du auch die letzte Münze bezahlt hast.

Tagesimpuls

Warum könnt ihr dann diese Zeit der Entscheidung nicht deuten? (Lk 12,56)

Wir reagieren immer auf die Umstände. Wenn es kalt wird, ziehen wir uns einen Mantel an oder wie stellen im Haus die Heizung an. Wir deuten die Zeit und treffen dementsprechend eine Entscheidung. Als die Corona-Krise kam, haben viele Vorräte eingekauft. Man dachte, das sei in dieser Zeit notwendig. Aber als Jesus in die Welt kam, haben viele dies nicht als Zeichen des Heils anerkannt. Viele haben nicht an ihn geglaubt, obwohl das die richtige Reaktion gewesen wäre. Und daher fragt Jesus: „Wieso könnt ihr alles deuten, nur mich könnt ihr nicht deuten?“

Warum könnt ihr dann diese Zeit der Entscheidung nicht deuten?

Wir Christen versuchen, die Zeichen der Zeit zu deuten. Oft fragen wir uns: „Was ist jetzt dran?“ Das ist eine gute Frage, eine Frage, die den Willen Gottes sucht. Man könnte auch präzisieren: „Was ist jetzt von Gott her dran?“ Wir wollen nicht oberflächlich leben, nicht nur aus Gewohnheit heraus, auch nicht nur nach dem Bauchgefühl, auch nicht nur aus einem schlechten Gewissen und aus Angst heraus – sondern nach dem, was von Gott her dran ist. Der Wille Gottes soll Maßstab sein für unsere Entscheidungen, nicht Angst, nicht Perfektionismus oder was es sonst noch für innere Antreiber gibt.

Warum könnt ihr dann diese Zeit der Entscheidung nicht deuten?

Die Erkenntnis des Willens Gottes ist eine Kombination aus Verstand, Wissen, Intuition und vielleicht auch dem Bauchgefühl, wenn man es in diesem richtigen Kontext versteht. Wenn z.B. mein Bauchgefühl die Angst ist, etwas falsch zu machen, dann soll ich mich doch nicht allein von diesem Bauchgefühl leiten lassen. Oder wenn mein Bauchgefühl ist, noch mehr zu essen, dann wäre es doch gut, auch den Verstand einzuschalten. Die beste innere Führung erhalte ich, wenn ich jeden Tag tief im Gespräch mit Jesus bin. Ich frage ihn immer wieder: „Was ist jetzt dran? Was möchtest du? Was würdest du jetzt tun?“ Das ist die Intuition, die innere Stimme. Diese innere Stimme wird aber ergänzt durch meinen Verstand und mein Wissen um das Wort Gottes und um die Lehre der Kirche.

Warum könnt ihr dann diese Zeit der Entscheidung nicht deuten?

Wenn Jesus der Volksmenge vorwirft, dass sie die Zeichen der Zeit nicht deuten können, dann impliziert dies, dass man die Zeit deuten kann. Es ist also nicht unmöglich. Das ist eine große Ermutigung für uns. Wir können den Willen Gottes erkennen. Wir können die Zeit deuten. Wir können erkennen, was dran ist. Das ist nichts Unerreichbares für uns Menschen. Wir müssen nur im Gebet bleiben, wir müssen uns Zeit nehmen, von ihm zu hören. Dann sind wir im Kontakt mit unserer inneren Stimme, und durch diese innere Stimme spricht Gott zu uns.

Gebet:

Jesus, ich danke dir, dass du uns die Fähigkeit gegeben hast, auf dich zu hören, dass du durch unsere innere Stimme zu uns sprichst. Wenn ich ehrlich bin, ist mein Problem nicht, dass ich dich zu wenig höre, sondern ob ich immer das tue, was du möchtest. Bitte schenke mir immer mehr Freiheit, von meinen eigenen inneren Antreibern loszukommen, damit ich mehr deinen Willen tun kann. Ich weiß, dass dein Wille für mich viel schöner ist als das, was ich in meiner Unfreiheit tue. Danke, dass du mich auf dem Weg der Freiheit führst.

Pastor Roland Bohnen

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